Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie

Kaasch, Joachim; Kaasch, Michael (Hg.)

Ordnung – Organisation – Organismus. Beiträge zur 20. Jahrestagung der DGGTB in Bonn 2011

(Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie 18)
256 S., 17 x 24 cm
VWB-Verlag, Berlin 2014
ISBN      978 – 3‑86135 – 398‑0
34,00 Euro
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Was ist “Theoretische Biologie” in ihrem jeweiligen historischen Kontext, der von einer Biologiehistorikergesellschaft zu verhandeln ist? Bei geschichtlichen Betrachtungen zur Theoretischen Biologie ist besonders zu berücksichtigen, dass sie nicht mit einer philosophischen, mathematischen oder physikalischen Biologie verwechselt oder gleichgesetzt werden darf, wenngleich sich im Entwicklungsverlauf immer wieder zahlreiche Zusammenhänge und Überschneidungen ergaben.

Die Idee einer “Theoretischen Biologie” entwickelte sich um 1900. Sie hat im historischen Umfeld die Aufgabe, zu einer konzeptionellen Grundlegung der Lebenswissenschaft im Prozess der Formierung der Biologie als Disziplin beizutragen, indem sie den gemeinsamen Theorienbestand von verschiedenen Einzeldisziplinen wie Zoologie, Botanik und Anthropologie auf deduktiver Basis erfasst. Der Band untersucht die Begriffsgeschichte und analysiert die Abgrenzungen zu Biophilosophie, Philosophie der Biologie, Allgemeiner Biologie und Mathematischer Biologie. Zu den wichtigsten Namen, die mit der Entwicklung der Theoretischen Biologie verbunden sind, gehören u.a. Jakob Johann von Uexküll (1864 – 1944), Adolf Meyer-Abich (1893 – 1971), Hans Driesch (1867 – 1941) und Ludwig von Bertalanffy (1901 – 1972), über deren Ansichten und Einschätzungen berichtet wird. Außerdem nimmt der Band mit der Vitalismus-Mechanismus-Kontroverse ein besonderes Konfliktfeld in den Blick und behandelt mit der Epigenetik ein viel diskutiertes Gebiet. Dabei werden auch umstrittene Forscher wie Karl Snell (1806 – 1886) oder Paul Kammerer (1880 – 1926) betrachtet.

Darüber hinaus steht im Grenzbereich von Biologie und Philosophie der Experimentelle Realismus im Fokus, oder es werden historische Problemstellungen um die Begriffe “Organismus”, “Verbreitung” und “Ordnung” in der Tiergeographie sowie die Ausbreitung des Evolutionsgedankens in Biologie, Sprachwissenschaft und Ethnologie/Kulturanthropologie analysiert. Die vielgestaltige Verwendung des Begriffes “Information” im Kontext der Biowissenschaften wird untersucht. Erst das Zusammenwirken zahlreicher Konzepte aus verschiedenen Disziplinen, von der Mathematik über die Biologie und die Philosophie bis hin zur Semiotik, ermöglicht eine Analyse. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der Tiersprachendiskurs des ausgehenden 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum.

 


Inhalt

Michael Kaasch und Joachim Kaasch
Vorwort und Einleitung
S. 7 – 13
Volker Schurig
Leitwissenschaft Biologie? Einige kritische Anmerkungen zum Gegenstand und der Funktion einer Theoretischen Biologie
S. 15 – 45
Georg Toepfer
Biophilosophy, General Biology, Theoretical Biology, and the Philosophy of Biology: Topics, Traditions, and Transformations
S. 47 – 62
Markus Pierre Knappitsch
Towards a New Theory of Bioinformation Core Ideas and Issues
S. 63 – 73
Gerhard C. Bukow
Scheitert der Experimentelle Realismus in der Biologie?
S. 75 – 92
Petra Feuerstein-Herz
Organismus – Verbreitung – Ordnung: Tiergeographie und Organismuskonzept im ausgehenden 18. Jahrhundert
S. 93 – 102
Matthis Krischel  und Frank Kressing
Netzwerke statt Stammbäume? – Lateraler Transfer – in Evolutionstheorien von Sprachen, Arten und Kultur
S. 103 – 116
Michael Brestowsky
Evolutionsphilosophie – Versuch einer Synthese zweier gegensätzlicher Evolutionstheorien. Ein Gedankenexperiment im Sinne von Diltheys Weltanschauungslehre anlässlich seines 100. Todesjahres
S. 117 – 138
Arne von Kraft
Die Vitalismus-Mechanismus-Kontroverse auf dem Hintergrund experimentell gewonnener Entwicklungsphänomene im Lichte der Philosophie des Aristoteles
S. 139 – 152
Michael Kaasch
“Was wir brauchen sind fruchtbare Arbeitshypothesen …” – Uexküll, Driesch, Hartmann und Meyer-Abich in Diskussssionen über eine Theorie der Biologie in der Leopoldina in den 1930er Jahren
S. 153 – 179
Michael Kaasch und Joachim Kaasch
“Die Entwicklung gab ihm aber recht …” – Ludwig von Bertalanffy und die Theoretische Biologie in der Leopoldina in den 1960er Jahren
S. 181 – 202
Kirsten Schmidt
Zwischen Genotyp und Phänotyp – Erklärung epigenetischer Phänomene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
S. 203 – 220
Michael Kaasch und Joachim Kaasch
21. Jahrestagung der DGGTB in Winterthur 2012 “Objektbiographien, Sammel- und Präsentationsstrategien”
S. 221 – 222
Stefan Lux
Der Tiersprachendiskurs des ausgehenden 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum
S. 223 – 236
Nachrufe und Gedenken der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der
Biologie
Hermann Josef Roth
Nachruf: Hans Engländer (31. August 1914 – 13. April 2011)
S. 239 – 245
Michael Brestowsky
Nachruf: Arne von Kraft (6. Juli 1928 – 24. März 2012)
S. 247 – 248
PersonenregisterS. 249 – 254