Der Sammelband ‚FARRE. Farbstandards in den frühen Wissenschaften‘ entstand im BMBF geförderten interdisziplinären Verbundprojekt FARBAKS [Farbe als Akteur und Speicher] und befasst sich in zwei großen Teilen mit Ansätzen der Standardisierung und Normierung von Farben in den frühen Wissenschaften. Damit ist zeitlich zunächst jene Epoche um 1800 in der Geschichte der Wissenschaften angesprochen, in der diese erst beginnen, die uns heute bekannten Disziplinen auszubilden und daher, sowohl methodisch als auch methodologisch „in the making“ sind. In dieser Phase ringen die jungen Wissenschaften um die Abgrenzung ihrer Gegenstände, wie etwa in der Naturgeschichte, um die Entwicklung von Instrumentarien und Repräsentationsformen zur objektiven Naturbeobachtung und ‑vermessung sowie auch um den Aufbau institutioneller Strukturen in Form von Lehrstühlen, Gesellschaften oder spezifischen Publikationsorganen. In diese Epoche, in der die Wissenschaften ein noch offenes Gefüge darstellen, das in vielfältiger Weise Praktiken und Perspektiven aus Kunst und Kultur aufnimmt und umformt, fällt auch die Herausbildung verschiedener Standards wie etwa der binominalen Nomenklatur in der klassifizierenden Naturgeschichte oder genormter Messskalen und ‑einheiten in Physik und Meteorologie, zu denen auch standardisierte Farbmuster in Form von Farbdifferenzsystemen gehören.
An diesem Punkt setzen im ersten Teil die acht hier versammelten Fachbeiträge des Bandes an und zeigen, wie in ganz unterschiedlichen Wissensbereichen Standards für eine Beschreibung, Bemessung oder Klassifizierung von Naturobjekten und ‑phänomenen erarbeitet, etabliert, tradiert und operationalisiert wurden.
Den zweiten Teil bildet ein umfangreicher Katalog, dessen Ziel die Bereitstellung möglichst vieler Farbnormen und ‑standards für weitergehende Forschungen ist. Das Material dieses Konvoluts stammt aus privaten Sammlungen, öffentlichen Bibliotheken sowie Archiven und bietet einen Gesamtüberblick über die historische Entwicklung von Farbstandards bis ins 20. Jahrhundert.